Daten zur Versorgungssituation von Spastik-Patienten 2018
Volkswirtschaftliche Kosten von spastischen Behinderungen bei Schlaganfall (Thiem et al. 2017)
Zusammenfassung des Artikels:
Die mit Abstand häufigste Ursache für spastische Behinderungen ist der Schlaganfall – da ist sich die Literatur einig! Man schätzt derzeit, dass etwa 300.000 Menschen jährlich in Deutschland einen Schlaganfall erleiden. Davon bekommen ca. 20–40% eine spastische Bewegungsstörung – das sind etwa 50.000 bis 100.000 Menschen pro Jahr.
Da die betroffenen Personen – insbesondere bedingt durch diese Behinderung – mit Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitationsmaßnahmen und oft auch Pflegebedürftigkeit zu kämpfen haben, entstehen hier hohe Kosten durch Arbeitsausfall und in der Folge auch Wertschöpfungsverluste.
In dieser Arbeit wurden diese Kosten analysiert und berechnet; die Autoren beziffern den durch Spastik entstandenen wirtschaftlichen Verlust auf ca. 600–1200 Mio. Euro pro Jahr.
Kommentar: Da alle verfügbaren Daten zeigen, dass die Patienten mit spastischer Lähmung in der Regel nach den empfohlenen Leitlinien nicht ausreichend therapiert werden, ist zu vermuten, dass viele Millionen Euro unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten eingespart werden könnten, würden diese Patienten nach den aktuellen Leitlinien therapiert.
Quelle: Thiem et. al: Zur Spastik nach Schlaganfall und den damit assoziierten volkswirtschaftlichen Kosten; Gesundh ökonom Qual manag 2017; 22; 1–3
Versorgungsqualität in der Spastik (Rychlik et al. 2018)
Zusammenfassung des Artikels:
Gemäß der Behandlungsleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) wird zur Behandlung des spastischen Syndroms (Sammelbegriff für alle spastischen Erscheinungsformen) insbesondere folgende Behandlung empfohlen:
- Physiotherapie als Basisbehandlung aller spastischen Syndrome
- Botulinum Neurotoxin A als Behandlung der Wahl bei lokal begrenzter Spastik
- intrathekale (rückenmarksnahe) Baclofen-Behandlung mittels einer Infusionspumpe bei generalisierter Spastik
- Operationen bei starken Fehlstellungen des Gelenkes oder Funktionseinschränkungen (die Operation stellt dem Artikel zufolge jedoch eine Notlösung dar, die eher zu vernachlässigen sei)
Allerdings, so der Artikel, ist die Behandlungsrealität schwierig, da eine leitliniengerechte Behandlung nur in wenigen Fällen stattfindet. Es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass diese Erkenntnis auch politisch bereits wahrgenommen wird, da in dem seit 2016 neu geschaffenen „Innovationsfonds“ zur Verbesserung der Versorgungsqualität von Patienten extra ein Themenbereich für Menschen mit Behinderungen geschaffen wurde.
Kommentar: So traurig es ist, dass eine leitliniengerechte Behandlung von Patienten mit spastischem Syndrom eher die Ausnahme als die Regel zu sein scheint, so erfreulich ist es auf der anderen Seite, dass diese Problematik offensichtlich nicht völlig unerkannt bleibt!
Quelle: Rychlik et. al: Versorgungsqualität der Spastik; Gesellschaftspolitische Kommentare, Jg. 2018 8-9-10; S. 19ff